Weit davor entstand T. S. Eliots Old Possum’s Book of Practical Cats: Gedichte über Katzen, die nicht nur treffend, sondern musikalisch sind. Tatsächlich erinnern Eliots Verse mit Wiederholungen, Hooks und gleichmäßig-rhythmisch, stets Aufmerksamkeit erregenden Reimen, an Pop-Musik. Sie geben eine Musikalität (oder besser: die musikalische Vielschichtigkeit verschiedener Katzen-Charaktere) vor, die Andrew Lloyd Webber 1977 beschließt, aufzugreifen. Eine Komposition auf ein bestehendes Libretto, mit der Eliots Worte in eine aufregende und doch witzige, theatralische Sprache umgewandelt werden sollen, ist eine Herausforderung – doch es gelingt: CATS wandert vom West-End auf den Broadway und schließlich nach Wien, mehr ein weltweites Bühnenerlebnis als eine Reihe separater Inszenierungen, das von Michael Kunze sing- und tanzbar, Wortlaut für Wortlaut, ins Deutsche gebracht wird. Wenn sich deutschsprachige Zuhörer aber fragen:
„Was ist der sphärische Raum?“ –
„Was bedeutet Grizabella, die Sonnenblume?“, geht es ihnen nicht besser als den Londoner Besuchern. T. S. Eliots mystisches Dunkel ist die dominante Farbe dieses Theaterspektakels, und eine der reizvollsten. Es übersteht Übersetzung, Interpretation und vorgetäuschtes Wissen bis heute.
Was ist also eine Jellicle Cat? Obwohl jedes Gedicht Eliots, jeder Song Webbers eine genaue und treffende Beschreibung eines bestimmten Katzentypus ist, gelingt gleichzeitig eine spielerische Persiflage der Gesellschaft: Bustopher Jones ist Aristokrat, die Gumbie Cat allbesorgende Haushälterin eines englischen Mittelklassenhaushalts, Skimbleshanks ein stolzer, tatkräftiger Vertreter der Arbeiterklasse und Gus, der Theaterkater, ein verarmter Schauspieler, der sich nach besseren Zeiten sehnt. Sie alle ohne dramaturgische Handlung zu verbinden verlangt nach der Art von musikalischer Charakterisierung, die Lloyd Webber hier perfektioniert hat. Wiederkehrende Motive, Preludes und Reprisen, die sich oft in bekannten Genres bewegen, machen die Show nicht nur zu einem perfekten CD-Erlebnis, sondern schaffen von Anfang an Vertrautheit zwischen Hörer und Charakter-Katze. Es gibt Swing für die vielbeschäftigte Jenny Fleckenreich, Rock für den glamourösen Rum Tum Tugger und Mancini Detektiv-Themen für den verruchten Macavity. Die Jellicle Cats sind eine Typus-bezogene Gesellschaft vergangener und moderner Tage, die uns aus verschiedenen Gründen fasziniert, am meisten jedoch, weil wir uns auf geheimnisvolle Art und Weise in ihr wiedererkennen. So stellt auch Alt Deuteronimus fest:
"Spätestens jetzt solltet ihr erraten haben, dass Katzen euch Menschen sehr ähnlich sind."In alldem ist CATS konstant: zwei leuchtend-gelbe Augen, die immer halten, was sie versprechen.
Am Jellicle Ball ist die Show selbst der Star, und einer, der sich nicht immer leicht einfangen lässt. Umso mehr freut sich HitSquad Records, die erste deutschsprachige Aufnahme seit der Uraufführung in Wien 1983 zu präsentieren. CATS feierte im September 2019 umjubelte Premiere im Ronacher und kehrte somit endlich nach Wien zurück. Aufgrund großer Publikumsnachfrage wurde das Musical-Phänomen seither bereits zweimal verlängert und ist mittlerweile in der dritten Spielzeit bei den Vereinigten Bühnen Wien zu sehen.
2021 sind Katzen noch immer zutraulich, kalt- und warmherzig zugleich, altbewährt elastisch, aber vor allem wieder geheimnisvoll überraschend. Die neue Gesamtaufnahme umfasst die Wiener Inszenierung komplett: 140 Minuten Jellicle Art und Jellice Stil, von Mungojerrie und Rumpelteazer bis zum magischen Mister Mistoffelees. Bis jetzt ungehört ist das Music Hall Drama des Growltigers, hier die Paraderolle eines jüngeren Theaterkaters Gus, das die Errungenschaften eines furchtlosen Piraten in zwei Teilen beschreibt. Zwischen ihnen – die versteckte Romantik zwischen ihm und Jellylorum (auf der großen Katzenbühne: Griddlebone) aufdeckend – steht auch eine neue Arie: "In Una Tepida Notte" wird hiermit Teil der Katzenmusik. Die Besetzung bringt etablierte Lieblinge der Vereinigten Bühnen Wien – Ana Milva Gomes (Mozart!, Sister Act, Bodyguard) brilliert als Erzählerin der Erinnerungen von Grizabella – und neue Talente – wie Stephen Martin Allan als einen der jüngsten Mister Mistoffelees aller Zeiten – zusammen.
Während CATS' einundzwanzig-jährigen Run am West-End schmückte ein Slogan die Türen des New London Theatre: Now and Forever. Live aus dem Wiener Ronacher und unter der musikalischen Leitung von Carsten Paap, soll auch diese neue Gesamtaufnahme der Show ein weiteres Denkmal setzen – der 12. November birgt eine ewig-währende Einladung zum Jellicle Ball.
TITEL: CATS – Deutschsprachige Gesamtaufnahme Live
INTERPRET: Ana Milva Gomes, Felix Martin, Rory Six,
Dominik Hees, u. v. a.
LABEL: HitSquad Records
EAN / UPC A: 9120006684354
KATALOG: 668435
MUSIKRICHTUNG / GENRE: Musical
FORMAT: Doppel CD
VERPACKUNG: Jewelcase
VERÖFFENTLICHUNGSDATUM: 12. November 2021
Tracklist:
01. OUVERTÜRE
02. JELLICLE KATZEN
03. DIE NAMEN DER KATZEN
04. DIE ALTE GUMBIE-KATZE
05. DER RUM TUM TUGGER
06. AUFTRITT GRIZABELLA
07. BUSTOPHER JONES
08. MUNGOJERRIE & RUMPELTEAZER
09. ALT DEUTERONIMUS
10. DER KAMPF ZWISCHEN PEKINESEN & POLLICLES
11. DER JELLICLE BALL
12. GRIZABELLA – DER KATZENSTAR
01. GLÜCK
02. GUS, DER THEATERKATER
03. GROWLTIGERS LETZER KAMPF & IN UNA TEPIDA NOTTE D’ESTATE
04. GUS, DER THEATERKATER Reprise
05. SKIMBLESHANKS VON DER EISEN-BAHN
06. MACAVITY
07. MACAVITYS KAMPF
08. MISTER MISTOFFELEES
09. ERINNERUNG
10. REISE IN DEN SPHÄRISCHEN RAUM
11. WIE SPRICHT MAN EINE KATZE AN?
12. FINALE